Wo fühlen wir uns verwurzelt? Wohin streben wir? Und wie gehen wir unterwegs mit vererbten Werten und Traditionen um? Kulturelle Identität ist mehr als ein Familienalbum. Mehr als ein Name. Mehr als die Tradition, als Kleidung, als Erbstücke. Es ist all das – und doch viel mehr.
Diese fünf Fotostrecken sind Altar und Pilgerstätte, aber auch Zerrspiegel und Karikatur. Fünf Fotograf:innen und Fotokünstler:innen setzen sich in ihren Arbeiten mit der eigenen kulturellen Identität auseinander und wagen sich mit stimmungsvollen Porträts, farbenfrohen Stillleben oder spannenden Collagen an das vielseitige Thema heran.
Foli Creppy
Foli Creppy erzählt visuelle Geschichten. Der gebürtige Togolese ist heute in der Berliner Kreativszene zu Hause. Durch seine Arbeit in den Feldern Fotografie, Regie und Kreativdirektion setzt er sich mit Narrativen rund um kulturelle Essenz auseinander. Seine Leidenschaft gilt dabei vor allem den Geschichten Westafrikas.
Für die Arbeit an seinem geplanten Fotoband The West Africa You Never Knew besuchte er seinen Freund Akin und dessen Familie im nigerianischen Lagos. „Ich kenne Akin seit meinem Umzug nach Berlin“, sagt Creppy. „Seine Familie liegt mir sehr am Herzen.“ Trotz Warnungen seiner besorgten Mutter reiste Creppy nach Nigeria, offen und unvoreingenommen. Hier entstand seine Fotostrecke Children of Lagos: kraftvolle Farben, selbstbewusste Porträts und die unsichtbaren Bande mehrerer Generationen. Er verbrachte eine Woche mit der Familie und erlebte beeindruckende Gastfreundschaft und Liebe. „Es war das absolute Gegenteil von dem, was ich über Lagos gehört hatte“, erinnert sich der Fotograf.
Thi Thuy Nhi Tran
Zwischen reportagigen Momentaufnahmen und stilisiertem, fast traumartigem Ideal: Die Berliner Fotografin Thi Thuy Nhi Tran stellt sich in ihrer Fotostrecke Wir Fragen zu Heimat und Zugehörigkeit. Speziell spiegeln die Bilder ihre Sicht auf die eigene Familie und die vietnamesische Kultur wider. Zwischen allen Fotos hängt die Frage: Wo ist mein Platz in diesem Konstrukt?
„Meine Erfahrung als Migrationskind ist vor allem von einem Gefühl der Unsichtbarkeit und Scham geprägt“, sagt sie. „Mit der Arbeit suche ich nach einem Ort, an dem ich meine Familie und Wurzeln ohne verzerrte Selbstwahrnehmung erleben kann.“ Diesen findet sie auch in Gegenständen des Alltags, die sie stilisiert inszeniert. Daneben existieren Momente der Ruhe aber auch das alltägliche Chaos des Miteinanders.
Lula Bornhak
Identität auf dem Altar. Die Berliner Fotografin Lula Bornhak inszeniert mit Mary why do you cry Femininität und Selbstausdruck als Marienbild. Damit erklärt sie freie Genderexpression zum Heiligtum. Die Neuinterpretation der Heiligen Jungfrau fordert das traditionelle Verständnis von Spiritualität heraus. Das Göttliche überschreitet die Grenzen menschlicher Konstrukte.
Lula Bornhak studiert Fotografie im Lette Verein Berlin. Ihr Hauptfokus gilt der Dokumentar- und Porträtfotografie. Dabei setzt sich die Fotografin, die meist mit analogen Filmen und Entwicklungsprozessen arbeitet, vor allem mit Themen wie Gender, Intimität, Zwischenmenschlichkeit und dem menschlichen Körper auseinander.
Laura Chen
Ihre niederländisch-chinesische Herkunft ist Gegenstand der experimentellen Fotokunst von Laura Chen. In Words From Dad erzählt sie die Geschichte ihres Großvaters: Tek Suan Chen wurde 1910 im chinesischen Wenzhou geboren. Während der maoistischen Revolution verlor er Land, Besitz, Titel und Status. Als einziger Überlebender seiner Familie floh er nach Europa, wo er in Den Haag das erste chinesische Restaurant eröffnete.
„Leider konnte ich meinen Großvater nie selbst kennenlernen“, erzählt Chen. „Aber ich hatte immer schon ein großes Interesse an seiner Geschichte.“ In ihren fotografischen Collagen, basierend auf persönlichen Familienalben und Erinnerungen ihres Vaters, entsteht die visuelle Geschichte von Flucht und Identitätsfindung.
Anna Ottum
Zwischen Romantik, Staub und dem amerikanischen Traum: Anna Ottum nimmt uns mit zum Rodeo at the Beach. „Ich fühle mich angezogen von Lebensentwürfen, die im Gegensatz zu meinem eigenen stehen“, erzählt die Fotografin mit Sitz in New York City und Savannah, Georgia. „Gleichzeitig möchte ich zeigen, was wir gemeinsam haben.“ Ihre Strecke entstand aus Faszination für die Rodeokultur im Westen der USA.
Der Westen als kulturelles Motiv ist weltweit ein stark aufgeladenes Symbol. Indem Anna Ottum Nähe zu den Porträtierten aufbaut, entstehen intime Momente hinter der Fassade des American Dream und gleichzeitig eine ganz neue Kuriosität im Blick auf eine bunte, ultralokale Subkultur. Auch Frauen, die sich in einer männlich geprägten Kulturwelt einzigartige Rollen schaffen und erobern, macht Ottum bewusst zum fotografischen Fokus.
Text: David Lütke
Wo fühlen wir uns verwurzelt? Wohin streben wir? Und wie gehen wir unterwegs mit vererbten Werten und Traditionen um? Kulturelle Identität ist mehr als ein Familienalbum. Mehr als ein Name. Mehr als die Tradition, als Kleidung, als Erbstücke. Es ist all das – und doch viel mehr.
Diese fünf Fotostrecken sind Altar und Pilgerstätte, aber auch Zerrspiegel und Karikatur. Fünf Fotograf:innen und Fotokünstler:innen setzen sich in ihren Arbeiten mit der eigenen kulturellen Identität auseinander und wagen sich mit stimmungsvollen Porträts, farbenfrohen Stillleben oder spannenden Collagen an das vielseitige Thema heran.
Foli Creppy
Foli Creppy erzählt visuelle Geschichten. Der gebürtige Togolese ist heute in der Berliner Kreativszene zu Hause. Durch seine Arbeit in den Feldern Fotografie, Regie und Kreativdirektion setzt er sich mit Narrativen rund um kulturelle Essenz auseinander. Seine Leidenschaft gilt dabei vor allem den Geschichten Westafrikas.
Für die Arbeit an seinem geplanten Fotoband The West Africa You Never Knew besuchte er seinen Freund Akin und dessen Familie im nigerianischen Lagos. „Ich kenne Akin seit meinem Umzug nach Berlin“, sagt Creppy. „Seine Familie liegt mir sehr am Herzen.“ Trotz Warnungen seiner besorgten Mutter reiste Creppy nach Nigeria, offen und unvoreingenommen. Hier entstand seine Fotostrecke Children of Lagos: kraftvolle Farben, selbstbewusste Porträts und die unsichtbaren Bande mehrerer Generationen. Er verbrachte eine Woche mit der Familie und erlebte beeindruckende Gastfreundschaft und Liebe. „Es war das absolute Gegenteil von dem, was ich über Lagos gehört hatte“, erinnert sich der Fotograf.
Thi Thuy Nhi Tran
Zwischen reportagigen Momentaufnahmen und stilisiertem, fast traumartigem Ideal: Die Berliner Fotografin Thi Thuy Nhi Tran stellt sich in ihrer Fotostrecke Wir Fragen zu Heimat und Zugehörigkeit. Speziell spiegeln die Bilder ihre Sicht auf die eigene Familie und die vietnamesische Kultur wider. Zwischen allen Fotos hängt die Frage: Wo ist mein Platz in diesem Konstrukt?
„Meine Erfahrung als Migrationskind ist vor allem von einem Gefühl der Unsichtbarkeit und Scham geprägt“, sagt sie. „Mit der Arbeit suche ich nach einem Ort, an dem ich meine Familie und Wurzeln ohne verzerrte Selbstwahrnehmung erleben kann.“ Diesen findet sie auch in Gegenständen des Alltags, die sie stilisiert inszeniert. Daneben existieren Momente der Ruhe aber auch das alltägliche Chaos des Miteinanders.
Lula Bornhak
Identität auf dem Altar. Die Berliner Fotografin Lula Bornhak inszeniert mit Mary why do you cry Femininität und Selbstausdruck als Marienbild. Damit erklärt sie freie Genderexpression zum Heiligtum. Die Neuinterpretation der Heiligen Jungfrau fordert das traditionelle Verständnis von Spiritualität heraus. Das Göttliche überschreitet die Grenzen menschlicher Konstrukte.
Lula Bornhak studiert Fotografie im Lette Verein Berlin. Ihr Hauptfokus gilt der Dokumentar- und Porträtfotografie. Dabei setzt sich die Fotografin, die meist mit analogen Filmen und Entwicklungsprozessen arbeitet, vor allem mit Themen wie Gender, Intimität, Zwischenmenschlichkeit und dem menschlichen Körper auseinander.
Laura Chen
Ihre niederländisch-chinesische Herkunft ist Gegenstand der experimentellen Fotokunst von Laura Chen. In Words From Dad erzählt sie die Geschichte ihres Großvaters: Tek Suan Chen wurde 1910 im chinesischen Wenzhou geboren. Während der maoistischen Revolution verlor er Land, Besitz, Titel und Status. Als einziger Überlebender seiner Familie floh er nach Europa, wo er in Den Haag das erste chinesische Restaurant eröffnete.
„Leider konnte ich meinen Großvater nie selbst kennenlernen“, erzählt Chen. „Aber ich hatte immer schon ein großes Interesse an seiner Geschichte.“ In ihren fotografischen Collagen, basierend auf persönlichen Familienalben und Erinnerungen ihres Vaters, entsteht die visuelle Geschichte von Flucht und Identitätsfindung.
Anna Ottum
Zwischen Romantik, Staub und dem amerikanischen Traum: Anna Ottum nimmt uns mit zum Rodeo at the Beach. „Ich fühle mich angezogen von Lebensentwürfen, die im Gegensatz zu meinem eigenen stehen“, erzählt die Fotografin mit Sitz in New York City und Savannah, Georgia. „Gleichzeitig möchte ich zeigen, was wir gemeinsam haben.“ Ihre Strecke entstand aus Faszination für die Rodeokultur im Westen der USA.
Der Westen als kulturelles Motiv ist weltweit ein stark aufgeladenes Symbol. Indem Anna Ottum Nähe zu den Porträtierten aufbaut, entstehen intime Momente hinter der Fassade des American Dream und gleichzeitig eine ganz neue Kuriosität im Blick auf eine bunte, ultralokale Subkultur. Auch Frauen, die sich in einer männlich geprägten Kulturwelt einzigartige Rollen schaffen und erobern, macht Ottum bewusst zum fotografischen Fokus.
Text: David Lütke
Zurück zum
Anfang
Ein Projekt von
muehlhausmoers